Die Bestimmung der Sonnenfleckenrelativzahl und der Sonnenfleckenzyklus

Die Relativzahlbestimmung

Die Anzahl der sichtbaren Sonnenflecken ändert sich sowohl von Tag zu Tag als auch langfristiger (Sonnenfleckenzyklus). Diese Veränderungen auf möglichst einfache Weise zu beschreiben, ist das Ziel der Sonnenfleckenrelativzahl, oder kurz der Relativzahl (R), die Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Schweizer Astronomen Rudolf Wolf definiert wurde. Nach ihm wird sie auch die Wolfsche Relativzahl genannt. Sie ist festgelegt als die Summe aller sichtbaren Sonnenfleckenumbren auf der Scheibe und der mit 10 multiplizierten Zahl der Fleckengruppen. Als allgemeine Gleichung heißt das:

R = (10 x g) + f

Dabei ist g die Anzahl der Fleckengruppen und f die Anzahl aller sichtbaren Einzelflecken auf der Sonnenscheibe, egal zu welchen Gruppen sie gehören. Der Rechenweg ist in unten grafisch dargestellt. Man setzt die beobachteten Zahlen einfach in die Gleichung ein. Bevor addiert wird, ist natürlich 10 x g zu berechnen (Punktrechnung vor Strichrechnung). Mit Hilfe eines Gradnetzes oder einer Zeichnung auf dem Projektionsschirmes kann man die Relativzahl auch getrennt für die Nord- und Südhalbkugel der Sonne bestimmen.

Die Formel der Relativzahlbestimmung

Die Formel der Relativzahlbestimmung, © 2001, W. Paech

Nachstehende Sonnenfleckenzeichnung zeigt insgesamt 4 Fleckengruppen. Die Gruppen sind mit der Waldmeier – Klassifikation und der Anzahl der Einzelflecken bezeichnet: H 3, E 26, F 32 und D 15

Sonnenfleckenzeichnung

Sonnenfleckenzeichnung für obiges Rechenbeispiel, © 2001, W. Paech

Oft sind die Flecken über viele Monate auf einer Halbkugel häufiger als auf der anderen – eine Beobachtung, deren Ursache weitgehend ungeklärt ist. Deshalb bestimmen Amateure häufig die Relativzahl getrennt nach Nord- und Südhalbkugel der Sonne.

Das untere Bild zeigt die Asymmetrie der Sonnenaktivität aufgenommen im Licht der roten Wasserstofflinie (H-alpha). Hier wird der Effekt noch deutlicher, als bei reinen Fleckenbeobachtungen.

Asymmetrie der Sonnenaktivität

Aufnahme: © 2001, W. Paech

Die Formel der Relativzahl findet man manchmal auch anders geschrieben:

R = k x (10 x g + f) = k x R_E

Der Faktor k (Reduktionsfaktor) macht die eigene Relativzahl R_E vergleichbar mit anderen Beobachtungen der Relativzahl. Abhängig von vielen Einflüssen (z.B. der Grösse des Teleskopes, der Beurteilung durch den Beobachter, den Beobachtungsbedingungen) sehen die Beobachter immer eine unterschiedliche Zahl von Einzelflecken oder Fleckengruppen. Deshalb reduziert man alle Relativzahlen auf eine internationale Standardrelativzahl R_I. Diese Beobachtungsreihe wurde früher in Zürich erstellt ( Zürcher Relativzahl ), und seit 1980 hat diese Aufgabe das Sunspot Index Data Center in Uccle (S.I.D.C., Belgien) übernommen. Die aktuellen Werte findet man z. B. monatlich in der Zeitschrift Sterne und Weltraum. Dort werden ebenfalls die Werte der Fachgruppe SONNE der VdS publiziert.

Die Standardrelativzahl wird geteilt durch die eigene Relativzahl:

k = R_I / R_E

Den Reduktionsfaktor k bestimmt man nicht aus den täglichen Beobachtungen. Die Schwankungen (Wetter, Verfassung des Beobachters, kurzperiodische Schwankungen der Fleckenzahl) sind viel zu gross, um dabei zu einem zuverlässigen Wert zu kommen. Es ist besser, Mittelwerte der Relativzahlen eines Monats oder besser den Mittelwert eines ganzen Jahres zu vergleichen. Der Anfänger kann dabei beobachten, wie in den ersten Monaten sein Reduktionsfaktor noch stark schwankt. Mit der Zeit ergibt sich aber durch wachsende Erfahrung bei der Beobachtung ein stabiles k, das sich von Monat zu Monat kaum noch verändert. Erst dieser stabile Wert sollte zur Reduktion der Beobachtungen benutzt werden. Wer seine Beobachtungen einer überregionalen Auswertung zur Verfügung stellt, darf nicht reduzieren, sondern muss seine beobachtete Relativzahl einsenden, damit die Reduktion auf verschiedene Relativzahlreihen möglich bleibt. Solche Reihen gibt es international von vielen Amateurbeobachtergruppen, die ihre Daten auch untereinander austauschen.

Es ist leider weit verbreitet, ein möglichst kleines k (also viele beobachtete Flecken) mit einer besseren Qualität der Beobachtungen gleichzusetzen. Dies ist falsch! Vielmehr ist ein guter Beobachter an einem – über lange Zeit – stabilen Reduktionsfaktor zu erkennen. Veränderungen der Sonnenaktivität werden durch sie nicht dadurch vorgetäuscht, dass sie in einem Monat sorgfältig und im nächsten Monat sorglos gezählt haben, z.B. weil sie plötzlich auch die kleinsten Flecken mitgezählt haben, die vorher nicht beachtet wurden, oder sie ihr Teleskop gewechselt haben. Eine gute Relativzahlreihe sollte langfristig immer am gleichen Instrument erstellt werden. Dabei ist ein grosses Teleskop nicht erforderlich – die Standardrelativzahl wurde bis 1980 an einem Fernrohr mit 80 mm Öffnung in Zürich ermittelt.

Der Sonnenfleckenzyklus

Schon nach wenigen Wochen der Beobachtung wird man feststellen, dass die Sonnenaktivität, ausgedrückt durch die Relativzahl, unregelmässigen Schwankungen unterliegt. Beobachtet man über einen längeren Zeitraum gibt es auch regelmässige Veränderungen der Aktivität, die Sonnenfleckenzyklen.

Der bekannteste Zyklus hat eine Dauer von etwa 11 Jahren. Es gibt wahrscheinlich auch längere, deren Dauer aber noch umstritten ist, da erst seit dem Jahr 1750 kontinuierliche Sonnenfleckenbeobachtungen vorliegen.

Mittelwerte der Relativzahlen

Die Abbildung zeigt die monatlichen Mittelwerte der Relativzahlen, die die VdS Fachgruppe SONNE – Relativzahlnetz während des 21. Fleckenzyklus (1976 – 1987) gesammelt hat. Man erkennt, dass nach einer Zeit sehr geringer Sonnenaktivität (also niedriger Relativzahl) die Anzahl der Flecken zunimmt und ein Maximum, das Sonnenfleckenmaximum, erreicht. Danach nimmt die Relativzahl wieder zum nächsten Sonnenfleckenminimum hin ab.

Durch die Beobachtergruppe werden Beobachtungsreihen möglich, in denen es keine wetterbedingten Lücken mehr gibt.

Ein vollständiger Zyklus wird von Minimum zu Minimum gezählt. Die Kurve ist nicht ganz regelmässig, und auch die Dauer einzelner Zyklen muss nicht genau 11 Jahre betragen. Die Länge der Zyklen schwankt zwischen 8 und 14 Jahren. Die Veränderungen auf der Sonne sind in diesem Zeitraum sehr eindrucksvoll. Im Fleckenmaximum sind grosse Fleckengruppen häufig, während im Minimum fast nur kleine Gruppen erscheinen.

fleckenfreie Sonne

Absolut fleckenfreie Sonne während des letzten Minimums, aufgenommen am 5. Mai 1995. Bild: © 2001, W. Paech

Viele der anderen Erscheinungen auf der Sonne variieren ebenfalls mit dem Zyklus. So unterliegt die Fackelrelativzahl ganz ähnlichen Schwankungen. In der Zeit um das Fleckenminimum erscheinen auch an den Polen der Sonne kleine Fackelgebiete – die Polfackeln, die während des Maximums fehlen.

Dann sind Fackeln nur in den Hauptzonen, in denen auch die Flecken liegen, zu beobachten. Diese Hauptzonen verschieben sich während eines Fleckenzyklus in der heliographischen Breite, also dem Abstand vom Sonnenäquator (Breitenwanderung der Sonnenfleckenzonen). Sonnenflecken erscheinen immer in einem Gürtel auf der Nord- und Südhalbkugel der Sonne mit einem bestimmten Abstand zum Sonnenäquator. Diese Gürtel sind die Hauptzonen. Im Minimum der Aktivität haben die Hauptzonen einen grossen Abstand vom Äquator. Dieser Abstand verringert sich über das Maximum bis zum Ende des Fleckenzyklus (neues Minimum), bis die Sonnenflecken nur noch in einem schmalen Bereich um den Äquator auftauchen. Die ersten Flecken des neuen Zyklus setzen dann wieder in hohen Breiten ein – ein immer wieder mit Spannung erwartetes Ereignis. Diese Breitenwanderung der Sonnenflecken, über einen Zyklus graphisch aufgetragen, nennt man das Schmetterlingsdiagramm.

Wer bei der Relativzahlbestimmung aktuell und international mitbeobachten möchte, findet hier die kompetenten Ansprechpartner.

 

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