bipolare Sonnenfleckengruppe

Sonnenflecken, Photosphärische Fackeln und Lichtbrücken

Die äussere Form der Flecken und Fackeln

Manchmal schon mit blossem Auge (!! Filter zur Lichtdämpfung benutzen !!), aber besonders mit dem Feldstecher oder Teleskop, sind kleine dunkle Gebilde auf der Sonnenscheibe sichtbar – die Sonnenflecken. Oft ist zu beobachten, dass sie sich in grossen und kleinen Gruppen zusammenscharen – den Sonnenfleckengruppen.

Kleine Gruppen mit wenigen Flecken zeigen keine regelmässige Ordnung. Sie erscheinen einfach als Ansammlung von Flecken. Grosse Fleckengruppen aber bestehen in der Regel (seltene Ausnahmen sind möglich) aus zwei Gebieten, in denen sich die Flecken häufen und zwischen denen nur wenige oder keine Flecken sind (Typen B bis G). Diese Anordnung nennt man bipolar, d.h. die Flecken sind an zwei Polen konzentriert. Einfachere Gruppen ohne deutlich getrennte Fleckenzentren werden unipolar genannt ( Typen A, H, J).

Die wichtigsten Formen, aus denen sich Sonnenflecken aufbauen, sind unten im Bild schematisch dargestellt. Sehr kleine Sonnenflecken erscheinen als dunkle punktförmige Gebilde. Bei ihnen unterscheidet man zwischen Sonnenflecken und Poren, deren Lebensdauer meist nur wenige Minuten beträgt. Poren werden bei der Bestimmung der Relativzahl nicht berücksichtigt. Grössere Sonnenflecken bestehen aus einem dunklen Kern, der Umbra, und einem etwas helleren Hof, der Penumbra. Bei direkter Beobachtung mit dem Auge am Okular (!! Filter benutzen! Erblindungsgefahr !!) sieht man eine mehr oder weniger gleichmässig schwarze, rotbraune oder manchmal fast graue Umbra. Die Penumbra scheint aus vielen hellen und dunklen Fäden, den Penumbra – Filamenten, zu bestehen. Diese sind von der Umbra deutlich nach aussen orientiert. Die wenigsten Sonnenflecken mit Penumbra haben eine wirklich kreisförmige Gestalt. In aller Regel wird man auch helle schmale Einkerbungen in den Fleck sehen, die Penumbra und Umbra manchmal wie helle Zungen durchschneiden. Diese Strukturen werden Lichtbrücken genannt.

bipolare Sonnenfleckengruppe

Schema einer bipolaren Sonnenfleckengruppe mit den wichtigsten Begriffen
für die beobachtbaren Details © 2001, W. Paech

Beobachtet man einen regelmässigen runden Fleck nahe dem Zentrum der Sonnenscheibe und verfolgt ihn über einige Tage, so wird er zum Sonnenrand hin immer schmaler. Die Sonne ist eine rotierende Gaskugel und so ergibt sich eine perspektivische Verzerrung des Sonnenflecks auf ihrer Oberfläche. Die Verbindungslinie zwischen den beiden Hauptflecken einer bipolaren Gruppe wird als Achse der Fleckengruppe bezeichnet. Bei jungen Gruppen ist diese Achse noch fast parallel zum Sonnenäquator (und damit den anderen Breitenkreisen) ausgerichtet. Mit wachsendem Alter der Gruppe verschiebt sich die Achse zunehmend. Wie alle gasförmigen Körper im Sonnensystem (z.B. auch Jupiter und Saturn) rotiert die Sonne an ihrem Äquator schneller, wo sie sich in 25 Tagen einmal um ihre Achse dreht (siderische Rotation). In 40 Grad Breite braucht sie schon 27 Tage für eine Rotation. Objekte in niedrigeren Breiten “überholen” also solche in höheren Breiten. Diesen Effekt nennt man die Differentielle Rotation der Sonne. Nähert sich ein Fleck dem Sonnenrand, werden in seiner Umgebung helle Gebiete sichtbar, die Sonnenfackeln. Sobald die Fleckengruppe in den etwas dunkler erscheinenden Randbereich (Randverdunklung der Sonne) gelangt, werden sie deutlich sichtbar.

Sonnenrand mit Fackelgebieten

Aufnahme des Sonnenrandes mit Fackelgebieten und der deutlich sichtbaren Randverdunklung. Aufnahme am 15. September 1982 © 2001, W. Paech

Fackeln können auch ohne Flecken vorkommen. Helligkeit und Dunkelheit sind Ausdruck der auf der Sonne herrschenden Temperaturen. Während in Sonnenflecken das Gas nur etwa 4.500 Grad Celsius heiss ist, hat die übrige Sonnenoberfläche (Photosphäre) eine Temperatur von etwa 5.500 Grad. In den Fackeln ist es noch um einige hundert Grad heisser, aber vor der hellen Photosphäre im Zentrum der Scheibe heben sie sich nicht kontrastreich genug ab.

Klassifikation und Entwicklung von Sonnenflecken und Fleckengruppen unterscheiden sich durch das Vorhandensein von Penumbren, dem Vorhandensein einer Bipolarität, Grösse und Form der Flecken.

Die Klassifikation von Sonnenflecken

Klassifikation und Entwicklung von Sonnenflecken und Fleckengruppen unterscheiden sich durch das Vorhandensein von Penumbren, dem Vorhandensein einer Bipolarität, Grösse und Form der Flecken. Auf diesen Merkmale hat Max Waldmeier (Eidgenössische Sternwarte, Zürich) seine Klassifikation der Fleckengruppen aufgebaut.

  • A – Ein einzelner Fleck, oder eine Gruppe von Flecken, ohne Penumbra und ohne bipolare Struktur.
  • B – Gruppe von Flecken ohne Penumbra, aber in bipolarer Anordnung.
  • C – Bipolare Fleckengruppe, deren einer Hauptfleck von einer Penumbra umgeben ist.
  • D – Bipolare Gruppe, deren beide Hauptflecken eine Penumbra besitzen. Ein Hauptfleck ist einfach und der andere meistens, aber nicht immer, etwas komplizierter aufgebaut.
  • E – Grosse bipolare Gruppe, deren Hauptflecken Penumbren besitzen. Beide zeigen im allgemeinen eine komplizierte Struktur. Zwischen den Hauptflecken zahlreiche kleinere Flecken. Die Gruppe hat eine Länge von mindestens 10 Grad auf der Sonne.
  • F – Sehr grosse bipolare Gruppe oder komplexe Sonnenfleckengruppe. Länge mindestens 15 Grad (sonst wie E).
  • G – Grosse bipolare Gruppe ohne kleine Flecken zwischen den Hauptflecken. Die Länge beträgt mindestens 10 Grad.
  • H – Unipolarer Fleck mit Penumbra. Durchmesser grösser als 2,5 Grad.
  • J – Unipolarer Fleck mit Penumbra. Durchmesser kleiner als 2,5 Grad.

 

Die Waldmeier Klassifikation, grafisch dargestellt

Die Waldmeier Klassifikation, grafisch dargestellt

Grosse E-, F- und G-Gruppen sind vergleichsweise selten. Wegen ihrer Grösse werden aber gerade sie häufig in der Literatur abgebildet. Man lasse sich nicht täuschen. Wichtig sind deshalb die Längen – und Durchmesserangaben in der Definition der einzelnen Fleckenklassen. Besonders am Anfang überschätzt man leicht die Grösse einer Fleckengruppe. Schwierigkeiten bereitet auch die perspektivische Verzerrung am Sonnenrand. Mit etwas Routine und Anschauung durch ein Gradnetz sind solche Probleme leicht zu überwinden. Grundsätzlich kann eine Fleckengruppe während einer vollständigen Entwicklung alle Klassen von A bis J durchlaufen, aber nur die wenigsten Gruppen entwickeln sich bis zu den sehr grossen Klassen E, F, und G. Entwicklungswege können die grossen Gruppenklassen überspringen. Der Weg A-B-A ist sicherlich der häufigste, nach dem einfachsten Fall, dass eine A-Gruppe nach 1 bis 2 Tagen wieder verschwindet. Typische Entwicklungswege grösserer Fleckengruppen können auch A-B-C-D-E-G-H-J-A, oder A-B-C-G-C-J-A sein. J-Flecken sind immer Endstadien der Gruppenentwicklung, aber die frühen” Gruppenklassen C und D werden beim Überschreiten des Aktivitätsmaximums einer Gruppe (Klassen E, F und G) auf dem Weg zu H- und J- Flecken erneut ausgebildet.

Die Bestimmung der Sonnenfleckenrelativzahl und der Sonnenfleckenzyklus

Die Relativzahlbestimmung

Die Anzahl der sichtbaren Sonnenflecken ändert sich sowohl von Tag zu Tag als auch langfristiger (Sonnenfleckenzyklus). Diese Veränderungen auf möglichst einfache Weise zu beschreiben, ist das Ziel der Sonnenfleckenrelativzahl, oder kurz der Relativzahl (R), die Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Schweizer Astronomen Rudolf Wolf definiert wurde. Nach ihm wird sie auch die Wolfsche Relativzahl genannt. Sie ist festgelegt als die Summe aller sichtbaren Sonnenfleckenumbren auf der Scheibe und der mit 10 multiplizierten Zahl der Fleckengruppen. Als allgemeine Gleichung heißt das:

R = (10 x g) + f

Dabei ist g die Anzahl der Fleckengruppen und f die Anzahl aller sichtbaren Einzelflecken auf der Sonnenscheibe, egal zu welchen Gruppen sie gehören. Der Rechenweg ist in unten grafisch dargestellt. Man setzt die beobachteten Zahlen einfach in die Gleichung ein. Bevor addiert wird, ist natürlich 10 x g zu berechnen (Punktrechnung vor Strichrechnung). Mit Hilfe eines Gradnetzes oder einer Zeichnung auf dem Projektionsschirmes kann man die Relativzahl auch getrennt für die Nord- und Südhalbkugel der Sonne bestimmen.

Die Formel der Relativzahlbestimmung

Die Formel der Relativzahlbestimmung, © 2001, W. Paech

Nachstehende Sonnenfleckenzeichnung zeigt insgesamt 4 Fleckengruppen. Die Gruppen sind mit der Waldmeier – Klassifikation und der Anzahl der Einzelflecken bezeichnet: H 3, E 26, F 32 und D 15

Sonnenfleckenzeichnung

Sonnenfleckenzeichnung für obiges Rechenbeispiel, © 2001, W. Paech

Oft sind die Flecken über viele Monate auf einer Halbkugel häufiger als auf der anderen – eine Beobachtung, deren Ursache weitgehend ungeklärt ist. Deshalb bestimmen Amateure häufig die Relativzahl getrennt nach Nord- und Südhalbkugel der Sonne.

Das untere Bild zeigt die Asymmetrie der Sonnenaktivität aufgenommen im Licht der roten Wasserstofflinie (H-alpha). Hier wird der Effekt noch deutlicher, als bei reinen Fleckenbeobachtungen.

Asymmetrie der Sonnenaktivität

Aufnahme: © 2001, W. Paech

Die Formel der Relativzahl findet man manchmal auch anders geschrieben:

R = k x (10 x g + f) = k x R_E

Der Faktor k (Reduktionsfaktor) macht die eigene Relativzahl R_E vergleichbar mit anderen Beobachtungen der Relativzahl. Abhängig von vielen Einflüssen (z.B. der Grösse des Teleskopes, der Beurteilung durch den Beobachter, den Beobachtungsbedingungen) sehen die Beobachter immer eine unterschiedliche Zahl von Einzelflecken oder Fleckengruppen. Deshalb reduziert man alle Relativzahlen auf eine internationale Standardrelativzahl R_I. Diese Beobachtungsreihe wurde früher in Zürich erstellt ( Zürcher Relativzahl ), und seit 1980 hat diese Aufgabe das Sunspot Index Data Center in Uccle (S.I.D.C., Belgien) übernommen. Die aktuellen Werte findet man z. B. monatlich in der Zeitschrift Sterne und Weltraum. Dort werden ebenfalls die Werte der Fachgruppe SONNE der VdS publiziert.

Die Standardrelativzahl wird geteilt durch die eigene Relativzahl:

k = R_I / R_E

Den Reduktionsfaktor k bestimmt man nicht aus den täglichen Beobachtungen. Die Schwankungen (Wetter, Verfassung des Beobachters, kurzperiodische Schwankungen der Fleckenzahl) sind viel zu gross, um dabei zu einem zuverlässigen Wert zu kommen. Es ist besser, Mittelwerte der Relativzahlen eines Monats oder besser den Mittelwert eines ganzen Jahres zu vergleichen. Der Anfänger kann dabei beobachten, wie in den ersten Monaten sein Reduktionsfaktor noch stark schwankt. Mit der Zeit ergibt sich aber durch wachsende Erfahrung bei der Beobachtung ein stabiles k, das sich von Monat zu Monat kaum noch verändert. Erst dieser stabile Wert sollte zur Reduktion der Beobachtungen benutzt werden. Wer seine Beobachtungen einer überregionalen Auswertung zur Verfügung stellt, darf nicht reduzieren, sondern muss seine beobachtete Relativzahl einsenden, damit die Reduktion auf verschiedene Relativzahlreihen möglich bleibt. Solche Reihen gibt es international von vielen Amateurbeobachtergruppen, die ihre Daten auch untereinander austauschen.

Es ist leider weit verbreitet, ein möglichst kleines k (also viele beobachtete Flecken) mit einer besseren Qualität der Beobachtungen gleichzusetzen. Dies ist falsch! Vielmehr ist ein guter Beobachter an einem – über lange Zeit – stabilen Reduktionsfaktor zu erkennen. Veränderungen der Sonnenaktivität werden durch sie nicht dadurch vorgetäuscht, dass sie in einem Monat sorgfältig und im nächsten Monat sorglos gezählt haben, z.B. weil sie plötzlich auch die kleinsten Flecken mitgezählt haben, die vorher nicht beachtet wurden, oder sie ihr Teleskop gewechselt haben. Eine gute Relativzahlreihe sollte langfristig immer am gleichen Instrument erstellt werden. Dabei ist ein grosses Teleskop nicht erforderlich – die Standardrelativzahl wurde bis 1980 an einem Fernrohr mit 80 mm Öffnung in Zürich ermittelt.

Der Sonnenfleckenzyklus

Schon nach wenigen Wochen der Beobachtung wird man feststellen, dass die Sonnenaktivität, ausgedrückt durch die Relativzahl, unregelmässigen Schwankungen unterliegt. Beobachtet man über einen längeren Zeitraum gibt es auch regelmässige Veränderungen der Aktivität, die Sonnenfleckenzyklen.

Der bekannteste Zyklus hat eine Dauer von etwa 11 Jahren. Es gibt wahrscheinlich auch längere, deren Dauer aber noch umstritten ist, da erst seit dem Jahr 1750 kontinuierliche Sonnenfleckenbeobachtungen vorliegen.

Mittelwerte der Relativzahlen

Die Abbildung zeigt die monatlichen Mittelwerte der Relativzahlen, die die VdS Fachgruppe SONNE – Relativzahlnetz während des 21. Fleckenzyklus (1976 – 1987) gesammelt hat. Man erkennt, dass nach einer Zeit sehr geringer Sonnenaktivität (also niedriger Relativzahl) die Anzahl der Flecken zunimmt und ein Maximum, das Sonnenfleckenmaximum, erreicht. Danach nimmt die Relativzahl wieder zum nächsten Sonnenfleckenminimum hin ab.

Durch die Beobachtergruppe werden Beobachtungsreihen möglich, in denen es keine wetterbedingten Lücken mehr gibt.

Ein vollständiger Zyklus wird von Minimum zu Minimum gezählt. Die Kurve ist nicht ganz regelmässig, und auch die Dauer einzelner Zyklen muss nicht genau 11 Jahre betragen. Die Länge der Zyklen schwankt zwischen 8 und 14 Jahren. Die Veränderungen auf der Sonne sind in diesem Zeitraum sehr eindrucksvoll. Im Fleckenmaximum sind grosse Fleckengruppen häufig, während im Minimum fast nur kleine Gruppen erscheinen.

fleckenfreie Sonne

Absolut fleckenfreie Sonne während des letzten Minimums, aufgenommen am 5. Mai 1995. Bild: © 2001, W. Paech

Viele der anderen Erscheinungen auf der Sonne variieren ebenfalls mit dem Zyklus. So unterliegt die Fackelrelativzahl ganz ähnlichen Schwankungen. In der Zeit um das Fleckenminimum erscheinen auch an den Polen der Sonne kleine Fackelgebiete – die Polfackeln, die während des Maximums fehlen.

Dann sind Fackeln nur in den Hauptzonen, in denen auch die Flecken liegen, zu beobachten. Diese Hauptzonen verschieben sich während eines Fleckenzyklus in der heliographischen Breite, also dem Abstand vom Sonnenäquator (Breitenwanderung der Sonnenfleckenzonen). Sonnenflecken erscheinen immer in einem Gürtel auf der Nord- und Südhalbkugel der Sonne mit einem bestimmten Abstand zum Sonnenäquator. Diese Gürtel sind die Hauptzonen. Im Minimum der Aktivität haben die Hauptzonen einen grossen Abstand vom Äquator. Dieser Abstand verringert sich über das Maximum bis zum Ende des Fleckenzyklus (neues Minimum), bis die Sonnenflecken nur noch in einem schmalen Bereich um den Äquator auftauchen. Die ersten Flecken des neuen Zyklus setzen dann wieder in hohen Breiten ein – ein immer wieder mit Spannung erwartetes Ereignis. Diese Breitenwanderung der Sonnenflecken, über einen Zyklus graphisch aufgetragen, nennt man das Schmetterlingsdiagramm.

Wer bei der Relativzahlbestimmung aktuell und international mitbeobachten möchte, findet hier die kompetenten Ansprechpartner.

 

 

© 2015 (überarbeitet): Wolfgang Paech in Zusammenarbeit mit H.Hilbrecht, C.-H. Jahn und P. Völker

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